1944-12 Ehemaliges Arbeitserziehungslager Etzenhofen

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Zwangsarbeit in der Völklinger Hütte

Der Einsatz von Kriegsgefangenen und zivilen ausländischen Zwangsarbeitern während des Zweiten Weltkriegs war auch in der saarländischen Wirtschaft nahezu flächendeckend. Von den ca. 70000 im Saarland eingesetzten ausländischen Arbeitskräften entfiel ein Großteil auf die Eisen- und Stahlindustrie, der für die Kriegsproduktion des „Dritten Reiches“ eine besondere Bedeutung zukam. Im Völklinger Werk, dem größten saarländischen Industriebetrieb, nahm die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte während des Krieges ständig zu, bis Mitte 1944 ein Höchststand von knapp 6000 (davon ca. 1300 Kriegsgefangene) bei 14000–15000 Beschäftigten insgesamt erreicht wurde. Seit Ende 1942 betrug der Anteil der Ausländer an der Belegschaft zwischen 35 und 40%. Die größte Gruppe bildeten dabei die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion vor den Franzosen und, mit einigem Abstand, Italienern, Polen und Niederländern. Damit glich der „Ausländereinsatz“ in Völklingen hinsichtlich seiner quantitativen Bedeutung, aber auch im Hinblick auf widrige Arbeits- und teilweise erbärmliche Lebensbedingungen der Ausländer prinzipiell der Situation in den übrigen Saarhütten; einzigartig innerhalb der saarländischen Industrie waren jedoch Schnellgericht und betriebliches Arbeitserziehungslager.

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Häftlingsalltag in Etzenhofen

Das bei den ausländischen Arbeitern als „KZ“ berüchtigte Lager bestand aus zwei Holz- und zwei Steinbaracken, die die Röchlingwerke von Reichsautobahngesellschaft bzw. Reicharbeitsdienst spätestens Anfang 1943 übernommen hatten. Die durchschnittlich 40 bis 50 Gefangenen hatten tagsüber zwölf Stunden lang in Völklingen besonders schwere und gefährliche Arbeit zu verrichten. Ins Lager zurückgekehrt, mußten sie weitere Arbeiten von ausschließlich schikanösem Charakter ausführen, etwa Betonbrocken hin- und herschleppen. Nächtliches Strafexerzieren und Abspritzen der Insassen mit eiskaltem Wasser trugen wie die völlig unzureichende Ernährung weiter zur vollständigen Erschöpfung der Häftlinge bei. Von Mißhandlungen durch das Wachpersonal (Schlagen mit der Reitpeitsche, Loslassen der Schäferhunde) und Vergewaltigungen weiblicher Gefangener wird ebenso berichtet wie von einzelnen Todesfällen.

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Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.

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